Solange der Darlehensvertrag nicht unterzeichnet ist, hat die Zinsentwicklung großen Einfluss auf die Kosten der Baufinanzierung. Fallen die Hypothekenzinsen, wird es günstiger – steigende Zinsen verteuern das Darlehen. Viele angehende Darlehensnehmer fragen sich daher, ob sie ihre Finanzierung festzurren oder mit dem Darlehensabschluss noch warten sollen.
Mit unserer Zinsprognose bieten wir Bauherren, Käufern und Anschlussfinanzierern eine Entscheidungshilfe. Lesen Sie nachfolgend, wie wir die Entwicklung der Zinsen für Baufinanzierungen im Jahr 2023 einschätzen.
Zinsausblick für das Jahr 2023
Für einen Ausblick auf die Entwicklung der Bauzinsen 2023 müssen wir zunächst auf das Vorjahr zurückblicken. Bis Anfang 2022 profitierten Bauherren, Immobilienkäufer und Anschlussfinanzier von einer lang anhaltenden Niedrigzinsphase. Länger als ein Jahrzehnt befanden sich die Zinsen im Sinkflug, in Spitzenzeiten waren Immobilien zu weniger als einem Prozent finanzierbar.
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine änderte sich alles, der Krieg zeigt enorme Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Die drastisch gestiegenen Inflationsraten werden von den Notenbanken bekämpft, indem sie die Geldmenge reduzieren. Die US-amerikanische FED begann mit den Leitzinserhöhungen, später zog die EZB nach. Dies ist am Baugeld nicht spurlos vorbeigegangen. Anfang 2023 liegen die Zinssätze für Immobiliendarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung bei etwa 3,5 bis 4 Prozent.
Die Inflation bestimmt die Zinsentwicklung
Wie sich die Hypothekenzinsen im weiteren Jahresverlauf entwickeln, hängt maßgeblich von der Inflation ab. Obwohl die Preise in zahlreichen Segmenten bereits spürbar gestiegen sind, muss dies noch nicht das Ende sein. Weitere Erhöhungen der Leitzinsen sind daher möglich, weshalb die Zinsen für Immobiliendarlehen ihren Höhepunkt noch nicht erreicht haben müssen.
Ein Blick in Richtung USA deutet auf solch eine Entwicklung hin. Die FED hat angedeutet, die Leitzinsen im Rahmen kleiner Zinsschritte weiter zu erhöhen. Experten aus dem Bankenumfeld halten diese Entwicklung für wahrscheinlich. Weil die EZB derzeit einen ähnlichen Kurs verfolgt, ist eine weitere Verteuerung der Hypothekenzinsen gut denkbar.
Erfreulich ist zumindest, dass die Maßnahmen der Notenbanken wirken. In vielen Bereichen haben sich die Preise stabilisiert, vereinzelt geben sie sogar wieder nach. Entsprechend könnte es sein, dass die Notenbanken weniger hart durchgreifen als ursprünglich geplant und der Zinsanstieg an Momentum verliert.
Auch der Krieg beeinflusst die Hypothekenzinsen
Neben der Inflation ist die Entwicklung des russisch-ukrainischen Kriegs eine entscheidende Einflussgröße. Ein Ende des Kriegs würde die wirtschaftliche Lage entspannen und für mehr Preisstabilität sorgen. Jedoch rechnen Experten mit keinem baldigen Ende. Einige halten es für möglich, dass sich der Konflikt noch über Jahre hinzieht. Selbst wenn sich die Lage entspannt, dürfte Russland noch für lange Zeit wirtschaftlich von Europa isoliert bleiben. Somit ist nicht davon auszugehen, dass die Notenbanken eine zeitnahe Kehrtwende in der Zinspolitik vollziehen.
Zusammenfassung mit Zinsprognose für 2023
Unter Berücksichtigung der zurückliegenden Jahre sind wir beim Baugeld auf einem hohen Zinsniveau in das Jahr 2023 gestartet. Der Ausblick auf die Zinspolitik der Notenbanken ist nicht rosig, denn weitere Leitzinserhöhungen sind im Jahresverlauf nicht auszuschließen.
Über den Autor
Matthias Herold ist Geschäftsführer und Mitgründer der abakus24 Service GmbH. Er ist Experte für Immobilienfinanzierungen und hat ein gutes Gespür für Immobilienmarkt und Zinsniveau. Auch als Bauherr weiß er, worauf es bei der Finanzierung und der Ausführung von Immobilienbau- oder kaufvorhaben ankommt. Im Zinskommentar teilt er seine Einschätzungen zu Geldpolitik und Zukunft der Hypothekenzinsen, um angehende Darlehensnehmer bei ihrer Entscheidung zu unterstützen.
Erfreulicherweise klingt die Inflation ab, weshalb der Großteil des Zinsanstiegs bewältigt sein dürfte. Eine Entspannung der Zinsmärkte ist im Hinblick auf die Kriegssituation jedoch nicht zu erwarten. Wir gehen deshalb für die erste Jahreshälfte 2023 von tendenziell steigenden Hypothekenzinsen aus.
Unsere Empfehlung für angehende Darlehensnehmer
Wir halten es für verfrüht, auf fallende Bauzinsen zu spekulieren. Wer abwartet und den Darlehensabschluss hinauszögert, riskiert steigende Finanzierungskosten. Sinnvoller erscheint es, Nägel mit Köpfen zu machen und das Zinsniveau zu sichern.
Wer mittelfristig mit fallenden Zinsen rechnet und sich deshalb nicht langfristig binden möchte, kann auf eigenes Risiko ein Darlehen mit kurzer Zinsbindung wählen. So besteht die Möglichkeit, bereits in einigen Jahren eine Anschlussfinanzierung zu neuen Konditionen zu machen. Sicherheitsorientierte Darlehensnehmer entscheiden sich hingegen für eine Zinsbindung von zehn Jahren oder länger.
Abschließend möchten wir anmerken, dass die gegenwärtigen Bauzinsen nur im kurzfristigen Rückblick teuer erscheinen. Historisch gesehen haben wir immer noch ein äußerst attraktives Zinsniveau. Blenden wir die Niedrigzinsphase der letzten 15 Jahre aus, so lagen die Zinssätze für Baufinanzierungen seit Bestehen der BRD stets höher.
Diese Faktoren beeinflussen die Bauzinsen am meisten
Es gibt nicht einen Faktor, der allein über die Zinsentwicklung im Feld der Baufinanzierung entscheidet. Es existieren mehrere Einflussgrößen, die das Zinsniveau steuern.
- Bundesanleihen
Am stärksten ähnelt dem Zinsverlauf des Baugeldes die Entwicklung der Renditen für Bundesanleihen. Steigen die Zinsen für Anleihen der BRD, wird auch das Baugeld teurer. Fallen die Anleihezinsen, profitieren Bauherren und Immobilienkäufer. - EZB-Leitzins
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat großen Einfluss auf das Niveau der Zinsmärkte. Mit dem Leitzins legt sie die Marschrichtung fest und kontrolliert das Marktgeschehen. Allerdings sind die Hypothekenzinsen nicht 1:1 an den EZB-Leitzins gekoppelt, Abweichungen im Verlauf vom Zinschart treten regelmäßig auf. - Konjunktur
Die wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst die Zinspolitik der Notenbanken. Je schwächer die Konjunktur, desto eher senken Notenbanken die Leitzinsen ab, um die Wirtschaft zu stimulieren. Eine boomende Wirtschaft kann wiederum zu einem Zinsanstieg führen. - Inflation
Eine wichtige Aufgabe der Notenbanken besteht darin, die Inflation unter Kontrolle zu halten. Dies geschieht durch Steuerung der Geldmenge, die wiederum vom Leitzins beeinflusst wird. - Wohnungsmarkt & Nachfrageverhalten
Auf das allgemeine Zinsniveau hat das Nachfrageverhalten (Bedarf an Baufinanzierungen) wenig Einfluss, weil die Banken theoretisch unbegrenzt gegenfinanzieren können. Trotzdem ist der Einfluss nicht zu unterschätzen, denn je geringer der Finanzierungsbedarf am Markt ist, desto eher sind die Banken zur Absenkung ihrer Margen bereit, was Darlehensnehmern zu besseren Zinskonditionen verhilft. - Black Swan Ereignisse
Unvorhersehbare Ereignisse, wie z.B. die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg, können die Wirtschaft schlagartig und umfassend beeinflussen. Gravierende Auswirkungen auf die Zinsmärkte sind mögliche Folgen.
Interessant zu wissen
Keinem anderen Wert kam der Zinsverlauf der Hypothekendarlehen so nahe, wie der DGZF-Pfandbriefkurve. 2016 wurde der Indexwert wegen nachlassendem Handelsvolumen der Pfandbriefe jedoch eingestellt.
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